Fachtag 2025: vernachlässigt - abgelehnt - misshandelt: Was brauchen traumatisierte Kinder, damit sie sich in ihrer Pflege- oder Adoptivfamilie gut entwickeln können?

Termin: Mittwoch, 15.10.2025
Fachtag : 10.00 Uhr bis 15.30 Uhr (ohne Kinderbetreuung)
Veranstaltungsort: Stuttgart

Die überwiegende Mehrheit der Pflege- und Adoptivkinder war in ihrer Herkunftsfamilie psychischer und/ oder körperlicher Gewalt ausgesetzt: sie wurden vernachlässigt, misshandelt, abgelehnt, missbraucht und viele von ihnen wurden infolge derartiger existentiell bedrohlicher Erfahrungen auch traumatisiert. Aus der Pflegekinderforschung wissen wir, dass 82 Prozent der Pflegekinder in der Kindheit mindestens ein Trauma erlebt hat, knapp die Hälfte haben mehrere traumatische Erfahrungen erlebt (Pèrez et al. 2010).

Insbesondere wenn ein Kind seine Bindungspersonen als Schutz- und Sicherheitsobjekte verliert und als bedrohlich und überwältigend erlebt, befindet es sich in einer paradoxen, ausweglosen Situation.  Ist es seinen Bezugspersonen schutzlos ausgliefert und reichen seine Ressourcen nicht aus, um die erlebte psychische und/ oder körperliche Gewalt zu verarbeiten, wird das Kind traumatisiert. Dies führt zu einem Kontrollverlust und dem Erleben vollkommener Hilflosigkeit sowie zu einem grundlegend erschütterten Welt- und Selbstverständnis (Fischer & Riedesser). Um seelisch und körperlich überleben zu können, entwickeln traumatisierte Kinder Überlebensstrategien und Angstabwehrmechanismen, die sich in unterschiedlichen Verhaltensauffälligkeiten zeigen, welche die Kinder in die Pflege- und Adoptivfamilie mitbringen.

Die Unterbringung eines Kindes in einer Pflege- oder Adoptivfamilie soll ihm die Chance bieten, in stabilisierenden familiären Verhältnissen aufzuwachsen und korrigierende Bindungs- und Beziehungserfahrungen machen zu können. Zentral für eine gute Entwicklung des Kindes ist in diesem Zusammenhang, dass es Gelegenheit bekommt, seine traumatischen Erfahrungen verarbeiten und integrieren zu können. Dies erfordert spezielles Wissen und stellt besondere Anforderungen an die Pflege- und Adoptiveltern sowie an die beteiligten Fachkräfte.

 

Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg

Der Fachtag wird in Kooperation mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg durchgeführt und finanziert aus den Landesmitteln, die der Landtag von Baden-Württemberg beschlossen hat.

Auf der Basis von psychotraumatologischen, neurobiologischen, sozial- und traumapädagogischen Erkenntnissen sowie reflektierter Praxiserfahrung sollen beim Fachtag folgende Themen und Fragen behandelt und diskutiert werden:

  • Wie kann es gelingen, die traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten, damit der junge Mensch die Chance bekommt, in der Pflege- und Adoptivfamilie korrigierende Bindungs- und Beziehungserfahrungen machen zu können?
  • Was müssen Pflege- und Adoptiveltern und Fachkräfte wissen, damit der Integrationsprozess des Kindes in seiner sozialen Familie gelingt?
  • Welche Hilfe und Unterstützung brauchen Pflege- und Adoptiveltern auf diesem schwierigen Weg?

Der Fachtag wendet sich an Pflege- und Adoptiveltern, Fachkräfte der Jugendhilfe, Psycholog*innen, Familienrichter*innen, Verfahrensbeistände, Umgangskontaktbegleiter*innen sowie Vormünder und bietet Gelegenheit zum interdisziplinären Austausch.

Programm

Grusswort
Ministerialrat Ulrich Schmolz, Leiter des Referats 22 (Kinder, Schutzkonzepte),
Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg

Einführung ins Themenfeld:
Dr. Ulrike Bischof, ABPA

Über den Einfluss früher traumatischer Erfahrungen auf das Gehirn und die Voraussetzungen für eine Erholung in der Pflege- und Adoptivfamilie

Dr. Nicole Strüber, Dipl. Biol., Neurobiologin und Wissenschaftsautorin

Die große Chance: Nach Erfahrungen von Vernachlässigung und Gewalt - Kind einer neuen Familie werden

Anke Laukemper, Praxis Sichere Bindung, München

Mittagspause
Die Notwendigkeit einer traumasensiblen Hilfeplanung:
Wie können traumatisierte Pflegekinder im Alltag gut unterstützt und begleitet werden?

Sigrid Mosé, Pflegekinderfachdienst Jugendamt Neustadt/ Aisch - Bad Windsheim

Moderation: Claudia Kobus


Die Referentinnen:

Dr. Nicole Strüber: Diplom-Biologin, Neurobiologin, freiberufliche Tätigkeit als Wissenschaftsautorin und im Rahmen von Vorträgen und Seminaren. Autorin diverser Fachbücher, u.a. "Risiko Kindheit. Die Entwicklung des Gehirns verstehen und Resilienz fördern" (2019). Website: www.nicolestrueber.de

Anke Laukemper: Diplom-Pädagogin, Psychotherapeutin (HprG), Praxis Sichere Bindung München. Websiten: www.anke-laukemper.de; www.sichere-bindung-muenchen.de

Sigrid Mosé: Diplom-Sozialpädagogin (FH), Traumapädagogin, Leiterin des Pflegekinderfachdienstes im Jugendamt Neustadt/ Aisch - Bad Windsheim.

 

Gebühren für TeilnehmerInnen: inklusive Tagungspauschale (Getränke, Kaffee, Brezel, Mittagessen)

Einzelpersonen: 70 Euro I Paare: 130 Euro

Mitglieder ABPA:

Einzelpersonen: 50 Euro I Paare: 90 Euro



 

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